Money & Music
Als der Welt-Musikmarkt einbrach und sich Lady Gaga arm tourte Der Wirtschaftswelt geht’s schlecht. Natürlich nur relativ gesehen. Wenn man sich die Wirtschaftsdaten anschaut und vergleicht, kann man folgende Feststellungen machen: Selbstverständlich gab es auf fast allen Business-Ebenen massive Einbrüche durch die Finanz- und Wirtschaftskrisen-Periode 2008/09 im Vergleich zum Geschäftsjahr 2007. Aber Geld ist ja nicht „verbrannt“ wurden, es hat nur den Besitzer gewechselt. Ich muss sagen: „Die größte Krise aller Zeiten“ verlief – m. E. als ökonomisch bewanderter Politikwissenschaftlicher – in ihren Konsequenzen doch recht glimpflich. Mehr als überfällige systemische Änderungen blieben aus, es läuft alles mehr oder weniger wie bisher. Auch wenn derzeit einige EU-Staaten wie Griechenland oder Portugal mit massiven Währungsproblemen und drastischen Haushaltsdefiziten sowie Staatsauflösungserscheinungen zu kämpfen haben. Auch wenn die weltweite Inflationsrate weiter steigt und das Problem des „Fiat Money“ (Geldschöpfung aus dem Nichts: „Es werde Geld!“) durch die lockere Geldvergabepolitik der internationalen Zentralbanken weiter besteht. Ich seh schon, viele Leser steigen bei diesem Thema aus. Wirtschaft erscheint, ist aber in Wirklichkeit überhaupt nicht kompliziert. Also Leute, einfach mal hinter die Kulissen schauen, ist nicht so schwer. Subjektiv gesehen hat sich Stand 2011 nicht viel geändert, oder? Es wird wieder gekauft und verkauft, der Konsumismus brummt weiter, der Ifo-Geschäftsklimaindex für die BRD steigt erneut kräftig. Größte Krise seit 1929? Und dass die USA als immer noch militärische Hyper-Macht Numero Uno bereits seit Jahrzehnten ein Staatsdefizit und Auslandsschulden hat, die zum Himmel schreien, schockt sowieso keinen mehr. All diese Symptome sind nur Ausdruck einer tiefer liegenden Problematik: Die Kernfragen lauten: • Spielen die Begriffe „Fairness“ und „Nachhaltigkeit“ im Weltwirtschaftssystem nur eine ideologische Rolle, wie Vertreter des alten Kapitalismus-Dogmas oft ihren Kritikern vorwerfen? Oder sind sie vielleicht doch von essentieller Bedeutung für das gesunde Weiterleben überhaupt? • Gefährdet ein Wirtschaftssystem, in dem jeder sein privates Maximum herausholen will, nicht doch das gesamte Lebenssystem? • Was ist Geld? • Was ist Zins und Zinseszins? • Was heißt es, das Zahlungsmittel Geld selbst als spekulative Ware einzusetzen, wie in der internationalen Finanzwirtschaft geschehen? • Was bedeutet das Dogma des „unbegrenzten Wachstums“ wirklich für einen begrenzten Wirtschaftsraum (Planet Erde)? Stichwort: Wachstum von Krebszellen. • Wozu überhaupt Wachstum? • Wird sich der Kapitalismus „selbst auffressen“, wie die Schlange im Spiel „Snake“? So ähnlich hat es jedenfalls der alte Karl Marx bereits im 19. Jahrhundert prophezeit. Nicht nur der streitbare Marx, auch der ganzheitlich denkende US-österreichische Physiker Fritjof Capra, der Berliner Volkswirtschafts-Professor Bernd Senf, Philosoph Armin Risi, die Youtuber gudereise, Bauchi, Grandmaster Yeager, Gong108, der Verdeckte Vermittler sowie viele andere stellen ebenso diese „systemischen Fragen“ aus ganz unterschiedlichen Perspektiven. Soweit dieser kleine ökonomisch-philosophische Exkurs. Die krisenhaften Entwicklungen machen sich natürlich auch in der Musikwelt bemerkbar. Der Musikbereich als Business gesehen ist schließlich – „realistisch“ gesehen – immer noch von Verkaufszahlen und Künstler-Bookings abhängig, also von finanziellen Einnahmen. Allein im Jahr 2010 ist der weltweite Musikmarkt um 8 % eingebrochen. Immerhin stiegen gleichzeitig die Online-Musikverkäufe (Beatport, iTunes, Amazon u.a.) um 6 %, dazu hab auch ich individuell durch mein Kaufverhalten beigetragen. >> Ich verweise hier auf Capra, Fritjof: „Wendezeit: Bausteine für ein neues Weltbild“, 1983, Scherz Verlag, Bern als weiterführenden Buchtip. Bereits damals hat sich Capra mit den Konsequenzen des unbegrenzten Wachstums für begrenzte Wirtschafts- und Lebensräume befasst. < < Langfristig gesehen ist der Weltmusikmarkt seit 2004 um ca. 30 % eingebrochen, wohingegen der globale Online-Musikmarkt zwischen 2004 und 2009 um 940 % gestiegen ist. Selbst diese massive Zunahme kann den gesamten Markteinbruch nicht ausgleichen. Wo liegen die Ursachen? Einerseits sinkt generell in Krisenzeiten nicht nur die monetäre Pro-Kopf-Kaufkraft, sondern es werden auch persönliche Prioritäten bei Anschaffungen verschoben. Die meisten Menschen erwerben lieber aufgrund in die Außenwelt projizierter Ängste erst mal materielle Dinge, ideelle Dinge wie Musik sind nicht mehr so nachgefragt. Da passt es gut ins Bild, dass sich die derzeitige Pop-Ikone Lady Gaga bei ihrer jüngsten Welt-Tournee „Monster Ball“ mächtig verkalkuliert hat. Frau Gaga bzw. deren Management haben mit mehr Fans gerechnet, als dann tatsächlich Tickets gebucht worden sind. Die großen Fußball-Stadien und Hallen dieser Welt konnten also nur halbgefüllt werden, was sich in der Kosten-Nutzen-Rechnung stets negativ auswirkt. Laut dem obigen Presseartikel soll Lady Gaga mit dieser Worldtour sogar einen Schuldenberg in Millionenhöhe „erwirtschaftet“ haben. Leider konnte ich bis dato nicht herausfinden, ob Lady Gaga die 3 Millionen US-$ Schulden aus eigener Tasche berappen oder ihr Label finanziell dafür aufkommen muss. Oder ob gar ein Finanzkonsortium oder Sponsorenpool blechen muss, der hinter Miss Gagas Tour steht. Überhaupt: Bei wem steht die ansonsten so erfolgreiche Lady Gaga (2010: über 20 Millionen verkaufte Tonträger) eigentlich in der Kreide? Womit wir wieder beim Anfang dieses Textes wären: Der angeblichen Undurchschaubarkeit des derzeitigen Wirtschaftssystems und bei den Alternativen zu diesem System. „Ohne Musik wäre das Leben ein Irrtum.“ (Friedrich Nietzsche) von A. Boos (DiSTrActeD B) Auf zu den Quellen: http://www.ifpi.org/content/library/DMR2010.pdf (Weltmusikmarkt: Offizielle Verkaufsstatistiken 2010) http://kurzurl.net/ttTYE (Lady Gaga: Schulden durch Welt-Tournee)Entdecke mehr von freakmuzik.net
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