CDs? Sind verbrannt, gibt nur noch MP3s
Als die Aufstände in London exklusive Musikaufnahmen etlicher Labels zerstörtenLondon im August 2011: Verbrannte Gebäude, Tote, Verletzte. Rettungskräfte, Polizei und Militär im Großeinsatz
DIE LONDON RIOTS IM AUGUST 2011: POLITISCHE HINTERGRÜNDE
Die Bilder sind noch in lebendiger Erinnerung: Eine Welle der Gewalt fegte im letzten Sommer durch die britische Hauptstadt und andere Städte Englands. Es war eine Art Mini-Revolution, ein Aufruhr, ein Riot, eine mörderische Tragödie, ein politischer wie sozialer Protest. Aber auch der Deckmantel für viele kriminelle Taten, die im Windschatten der Proteste, Demonstrationen und Gewaltmanifestationen abliefen. Und exklusive Musikaufnahmen fielen ebenso der Vernichtung zum Opfer. Über die wahren Hintergründe gibt es bis heute viel Spekulation. Laut offizieller Darstellung wollten Polizisten am 04. 08. 2011 den Londoner Mark Duggan wegen Drogenhandels festnehmen. Dies ereignete sich in London-Tottenham. Da sich Duggan der Festnahme widersetzte, wurde er erschossen. Das führte zu gewaltigen Protestreaktionen in den problematischen und mehrheitlich von Migranten bewohnten Teilen Londons. Daraufhin kam es zu einer angeblich spontanen Kundgebung in Gedenken an den erschossenen, schwarzen Briten Duggan. Organisiert von afro-britischen und regierungskritischen Organisationen, die generell für Gleichheit, gegen staatliche Willkür und für soziale Gerechtigkeit einstehen. Daraufhin beschleunigten sich die Dinge, die Gewalt eskalierte, die Demonstrationen arteten aus, es kam zu Schusswechseln zwischen Polizisten und Zivilisten … Chaos brach aus, Shops und Tankstellen, Wohnhäuser und Gewerbegrundstücke wurden beschädigt, verwüstet, ausgeraubt oder in Brand gesteckt. Bald mischten sich auch die kleinen und größeren Gangster aus Londons krimineller Unterwelt in den Trubel, nutzten die Unruhen für tagelange Raubzüge. Irgendwann schaffte es dann Scotland Yard mit Unterstützung militärischer Einheiten der British Army die „öffentliche Ruhe“ wieder herzustellen. Was immer das auch heißen mag. Eine andere Interpretation der Ereignisse liefert Dr. Udo Ulfkotte, Politikwissenschaftler und ehemaliger Dozent für Spionageabwehr an der Uni Lübeck. Auch wenn Ulfkotte politisch und dogmatisch dem konservativen Spektrum zuzuordnen ist, liefert er schon seit Jahren glaubwürdige Hintergrundinformationen zu den verschiedensten politischen und wirtschaftlichen Themen und kann auf gute internationale Kontakte verweisen. Ich schätze die Analysen des Politologen zumindest sehr. So auch zu den „London Riots“: Ulfkotte erkennt die soziale Schieflage, die hohe Jugendarbeitslosigkeit, die daraus resultierende Unzufriedenheit sowie ein latentes Gewaltpotential in Londons armer Stadtbevölkerung, deutet allerdings auf einen ganz anderen Background. Der erschossene Duggan sei nämlich ein recht hochrangiger Drogendealer gewesen und angeblich seien die Protestaktion nach seinem Tod zu großen Teilen durch gut organisierte Verbrecher-Strukturen orchestriert worden. Denn Duggan war ein naher Verwandter von Desmond „Dessie“ Noonan, eine Unterwelt-Größe Englands mit jamaikanischem Hintergrund. Allerdings ist Dessie auch schon tot, im Krieg der Rauschgiftbanden gefallen. Dessie hatte 2005 in einem TV-Interview mit der BBC (!) provokativ behauptet, dass seine Privatarmee auf den Straßen mehr Waffen als die komplette englische Polizei besitzen würde. Genau genommen, so Dr. Ulfkotte, handle es sich bei den Riots um den sichtbaren Ausdruck eines im Geheimen ablaufenden Krieges zwischen verschiedenen rivalisierenden Londoner Clans der Organisierten Kriminalität und dem britischen Staat.BETROFFENE LABELS – ZERSTÖRTE TONAUFNAHMEN
Wie dem auch sei, jedenfalls scheint sich in der Londoner Label-Szene für die Hintergrundenergien der Aufstände keiner zu interessieren. Hier beklagt man unwiederbringlich zerstörtes Musikmaterial, gedenkt aber auch den Toten und Verletzten. Ein Lagerhaus von Sony wurde während der Riots in Brand gesteckt. Etliche englische Labels waren Mieter in dem Gebäude, das als Lagerraum für frisch aufgenommene Musikproduktionen fungierte. Die Flammen verschlangen etliche Tonträger, CDs und Platten. Sie sind weg, für immer. Exklusive Aufnahmen, die es nur auf CD oder Vinyl gab, sind verloren. Wer ist konkret betroffen? Mehr als 150 Labels und Musik-Vertriebe. Darunter zahlreiche, größere und kleinere Indies wie Ninja Tune. Aber auch Major-Player wie Rough Trade, PIAS oder XL. „Wir können nur hoffen, dass die Versicherung bald zahlt“, sagte Doug Shipton, Boss vom Londoner Klein-Label „Finders Keepers“ Tage nach dem Feuer. Allein das exzellente Ninja Tunes (Vertragskünstler u. a.: Amon Tobin, Fink) verlor laut dem „Guardian“ über 120 000 Aufnahmen. Gleichfalls musste die Plattenfirma von Rockröhre Adele viele vernichtete Records akzeptieren. Die Betroffenen haben vermutlich viele Millionen Pfund in diesem Desaster verloren. Ein schwerer ideeller wie finanzieller Schock für alle Akteure im Londoner Musik-Business. Label-Chef Shipton forderte im Interview mit der ZEIT, dass die Leute von nun an mehr MP3s kaufen sollten. Um so die Künstler durch den Erwerb nicht-physischer Tonträger zu supporten: „Jeder soll sein Lieblingslabel unterstützen und Musik als Mp3 oder per Mailorder kaufen.“ Ebenso hatten viele betroffene britische Bands wie Turbowolf direkt während der Unruhen getwittert, die Fans mögen jetzt bitte noch mehr Musik legal downloaden, damit die Labels weiter Geld verdienen und so ihre Rechnungen und Musiker bezahlen können. Vinyl, CD oder MP3 – Was bevorzugst DU? Schreibt uns: kolumne[at]freakmuzik.net oder über Soundcloud, Twitter, Facebook all @ FreakMuzik(.net)!von A. Boos (DiSTrActeD B)
Auf zu den Quellen:
http://blog.zeit.de/tontraeger/2011/08/11/pias-lagerhaus-doug-shipton_10108 (Interview der ZEIT mit Label-Boss Doug Shipton) http://info.kopp-verlag.de/hintergruende/europa/udo-ulfkotte/kriminalitaet-warum-london-wirklich-brannte.html (Dr. Udo Ulfkotte analysiert die Londoner Aufstände für den Kopp Verlag) http://www.guardian.co.uk/music/musicblog/2011/aug/11/how-pias-fire-affects-labels (Bericht in der britischen Tageszeitung „The Guardian“)Entdecke mehr von freakmuzik.net
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