Wir formen das doppelte O: DIE ORSONS zu Ostern
„Wir sind ‘ne Band namens Die Orsons!“ – Portrait der innovativen HipHop-Formation aus Stuttgart Extra: Konzert-Bericht von der „Das Chaos und die Orsons“-Tour 2013 im Nürnberger Club HIRSCHWer sind DIE ORSONS?
Der ORSON: KAAS
Die ORSONS: Maeckes & Plan B
Der ORSON: Tua
Tourkonzert-Review: 03. 03. 13 im HIRSCH (Nürnberg)
Wer sind DIE ORSONS?
Was bitte schön ist ein Orson? Nun ja, ein Rapper/Rap-Produzent mit außergewöhnlich weiträumigem Musikverständnis und dem Faible für grenzüberschreitende Innovation in Bezug auf den Song-Aufbau. Dies wäre ein Vorschlag für eine nüchterne Definition. Ein paar andere gefällig? Gern: Die Orsons? Das sind Beatles Piraten! Die Erz-Feinde eines jeden Rap-Puristen! Das sind keine Rapper mehr, das sind Schlagersänger. Oder: Das sind keine Rapper mehr – das sind wahrhaftig lebende Legenden! DIE ORSONS – sie sind ein Phänomen. Die selbsternannte „HipHop-BoyBand“ aus Stuttgart und Reutlingen hat in den letzten Jahren das deutsche Rap-Genre aufgemischt und revolutioniert wie vermutlich kein zweiter Rap-Act. Sie brachen ganz ungeniert mit bisherigen Regeln des Deutsch-Rap. So liest man auf Wikipedia: „Das Markenzeichen der Orsons ist die Umkehrung ungeschriebener Hip-Hop-Regeln in Verbindung mit viel Ironie, Fantasie und Sarkasmus. Im Gegensatz zum aktuellen ‚Deutschrap-Prinzip‘, benutzen die Orsons Attribute wie ’süß‘, ’schön‘, ‚lieb‘ oder auch rosa Farben im Artwork, um gezielt zu provozieren.“ DIE ORSONS: Das sind Maeckes & Plan B aus Stuttgart sowie Tua und der Spiritual Guru Kaas aus Reutlingen. Das Quartett gründete sich 2007. Zuvor waren die 4 Rapper bereits solo und in anderen Rap-Gruppen aktiv. Maeckes und Plan B performten als gleichnamiges Duo, veröffentlichen u. a. das Mix-Tape „Als wär’s das Album“ (2006) oder das Album „Als wären wir Freunde“ (2007). Tua, Kaas und Sucuk Ufuk repräsentierten mit dem BassQuiat im gleichen Zeitraum die Reutlinger HipHop-Szene. Die „fantastischeren Vier“ Maeckes, Plan B, Tua und Kaas trafen sich dann immer wieder auf HipHop-Jams im süddeutschen Raum und bemerkten, dass man auf der gleichen musikalischen Wellenlänge liegt. Auf dem bereits genannten Album von Maeckes & Plan B kam es zur Geburtsstunde der Orsons. Für die LP steuerten die Vier ihren allerersten Track bei: „Orsons kleine Farm“, mit Tierlauten und dem typischen Orsons-Humor. Die Orsons stehen sowohl beim Stuttgarter Indie-Label Chimperator Productions als auch beim Major Universal unter Vertrag. Chimperator ist quasi der musikalische Heimathafen, bei Universal unterschrieben sie vor 2 Jahren. Bereits mit ihrer ersten Smash-Hymne „Lets Banana Holla Dance Woosh!“ boten sie einen neuartigen Sound für die Ohren der Musikkonsumenten, die bisher Standard-Sound gewohnt waren. Ein Stück, leicht technoid angehaucht, stampfende Basse, eingängige Bass-Lines – dazu beginnt Maeckes maeckes-typisch mit einem Part, der atemberaubend flowt, aber sich überhaupt nicht reimt,-) Der Rest der Bande schließt sich diesem Niveau auf hohem Niveau an. Mit ihrem 2009 releasten Album „Denn dein ist das Reich und die Kraft und die Herrlichkeit, in Ewigkeit, Orsons“ gelang ihnen dann der Durchbruch, wenn man so will. Das Album chartete auf Platz 79 und machte die Orsons national recht bekannt. Das Album ist größtenteils geprägt von innovativen Electro-Beats, der Rap meisterhaft. Sowohl vom raptechnischen Aspekt als auch vom Aspekt des Storytellings her gesehen. Die Orsons bekennen sich zu klaren Botschaften, wenn auch der Spaß-Faktor nie zu kurz kommt und der Rap-Fun bei der Band stets mit von der Party ist. Die 4 Jungs mit ihren unterschiedlichen Stimmlagen und Rap-Theoremen geben jedem Orsons-Songs den richtigen, unverwechselbaren Drive: Humor, Message, akkurater Flow über akkurate Beats, die einerseits zum Abgehen animieren, aber auch mal poppig-funky rüberkommen, manchmal nur Klavier & Gitarren-Kompositionen sind– so könnte man den Orsons-Sound kurzum beschreiben. Aber wer nun denkt die Orsons schwimmen auf einer vermeintlich existenten Techno-Rap-Welle mit, der irrt gewaltig. Bereits auf der LP „Denn Dein ist das Reich …“ überzeugen Gitarren-Songs wie „Souljah Boy“, in dem es um die weltweite Problematik der Kinder-Soldaten geht, mit ganz anderem Musikansatz. „Sam Cooke und so“ vom Kaas-Album „T.A.F.K.A.A.Z. :D“ lässt das Herz eines jeden Comedian Harmonists-Fans höher schlagen und „Kim Kwang Seok“ ist eine Hommage an den südkoreanischen Sänger-Star, der in den 90ern Selbstmord begang. Sich also kurt-cobainte. Die Orsons können demnach Produktionen erschaffen, die an Musik der 30er und 50er Jahre erinnern. Das sind Reminiszenzen an die Musikgeschichte des 20. Jahrhunderts, weit jenseits von dem, was andere Rap-Akteure in der Regel zu bieten haben. Nicht umsonst habe ich Die Orsons zu den Revolutionären Künstlern der heutigen Musik-Epoche gezählt in der Freak-Kolumne „Maya & Musik“, in der es um den Zusammenhang zwischen der Entwicklung von Musik und dem Aufbrechen von klassischen Musik-Genres vor dem Hintergrund zeitenergetischer Phasen, abgebildet im Maya-Kalender, geht. Das aktuelle Album „Das Chaos und die Ordnung“ (erschien im Herbst 2012) ist ein weiterer Meilenstein der Orsons. Das Intro kracht gewaltig rein, dann folgt der schon jetzt von mir zum Klassiker erhobene Titel „Das Leben ist schön“. Plan B macht es klar: „Johnny Cash sagt: Stell Dir vor, Du liegst unter ’nem Truck – was wäre Dein letzter Song? – Ich glaube der hier! Komm!“ Das Album ist der bisherige Höhepunkt der Entwicklung der Orsons. Bis auf Platz 12 der deutschen Charts schaffte es die VÖ, zudem auch unter die Top 100 in Österreich und der Schweiz. Alle Einflüsse, die die Orsons zu dem gemacht haben, was sie heute sind, lassen sich auf dem Album „Das Chaos und die Ordnung“ raushören. Die Beats wurden teilweise von Tua und Maeckes produziert und die Band hat es auf der LP geschafft, ihren bereits sehr guten Style weiter zu perfektionieren. Richtig rocken tun „Zambo Kristall Merkaba“, „Wir können alles machen! Was sollen wir machen?“ sowie „Rosa Blau oder Grün“. Zum Träumen laden die Songs „Für Immer Berlin“, „Lagerhalle“, „Mars“ und „Jetzt“ ein. Ich will hier allerdings nicht zu viel verraten, kauft euch das Album, hört’s euch an, zieht’s euch nei! Als Vorgeschmack hier ein kleiner Appetizer: Ich muss gestehen, ich kenne die 3 Orsons Kaas, Maeckes & Plan B erst seit ihren Parts auf dem genialen Mammut-Remix von Kool Savas: „Der Beweis“ (2008/Optik Records). Ich erhörte den Ruf der Orsons und recherchierte sogleich. Mich faszinierte vor allem die Figur des Kaas mit seinem warmherzigen Image, das so ganz anders war als das Bild, das herkömmliche Rapper ansonsten gern von sich in der Öffentlichkeit zeichnen. Da geht es nicht um Gangsta-Rap, Nutten und Cash, sondern um tieferliegende Geheimnisse des Lebens. Selbst das hielt Selfmade-Rapper Favorite nicht davon ab, mit Kaas auf Tour zu gehen. Respekt, Fave!Der ORSON: Kaas
Bei Kaas fasziniert seine Vielschichtigkeit. Kaas bezeichnet sich selbst als äußerst spirituell, mittlerweile verkündet er in fast jedem Text von der alles umfassenden Kraft der Liebe und thematisiert das Eins-Sein allen Lebens. Auf Youtube findet ihr ein Video von ihm, wo er durch eine Meditation führt. Dabei sitzt er auf den Bergen vor Reutlingen, im Hintergrund sieht man seine Heimatstadt. Ich war da auch schon mal oben, ist ’ne schöne Ecke. Natürlich hat Kaas auch schon Battle-Texte gerappt, das kann er auch, wenn‘s drauf ankommt. Aber sein musikalisches Herzblut hängt an avantgardistischen Projekten wie seinem 2011 veröffentlichten Euro-Dance-Album „Liebe, Sex und Twilight Zone“, auf dem er mit 90er-Jahre Star Nana ein Feature macht oder an seinem Solo-Album „T.A.F.K.A.A.Z. :D“. Kaas hat in den letzten Jahren massiv an seiner Rap-Technik gefeilt, so dass er momentan einer der besten deutschen Rapper ist, einfach weil er auf jedem Track immer wieder neu, immer wieder anders klingt und stets derbe flowt. In Interviews geben die anderen Orsons oft zu (gut, Tua weniger), dass Kaas der kreative Kopf sei. Kaas verpasse vielen Orsons-Titeln den letzten Schliff, einfach indem er verrückte Zwischen-Hooks und Brigdes einschiebe, verriet Maeckes einmal.Die ORSONS: Maeckes & Plan B
Maeckes versuchte seit Anbeginn seiner Karriere erst gar nicht, irgend einem anderen Rapper nachzueifern. Sondern er kreierte seinen ganz eigenen Rap-Style, der öfters narrativ wirkt und irre Geschichten zu erzählen hat. Auch nimmt er sich gern selbst aufs Korn: „Ich bin nicht Maeckes, sondern ein Maeckes-Hologramm“ oder „Ich bin nicht Maeckes, ich bin nur seine deutsche Synchronstimme“. Maeckes hat einen Wahnsinns-Flow, auch wenn das beim ersten Hinhören vielen Ungeübten gar nicht so klar wird. Er liebt es halt – so wie ich das sehe – beim Rappen zu provozieren und neue Wortspiele, andersartige Betonungen und verdrehte Syntax-Konstruktionen auszuprobieren. Plan B wiederum ist ein straighter Rapper, der einfach nur in jedem Part beweist, dass er einer der Besten ist. Seine EPs „Zack! Boom! Peng!“, „PiPaPo“ und „Ill Street Blues“ bezeugen ein herausragendes Rap-Talent, das sowohl Storys erzählen als auch fürchterlich abgehen kann. Als wunderbar experimentierfreudig erlebte ich Maeckes bei seinen Mash-Up-Projekten „1“ (2007) und „2“ (2010), wo er über Songs von Musik-Legenden wie Aphex Twin, The Notwist, Falco, Nick Cave, Beck, Oh Land oder The Streets rappte. Sein Solo-Album „KIDS“ bestach ebenso durch Einfallsreichtum. Darüber hinaus überzeugt Maeckes auch als gefühlvoller Gitarrist. https://www.youtube.com/watch?v=g5fqiwcgaIkDer ORSON: Tua
Tua schuf mit „Grau“ (2009) ein prägendes, zeitloses Album. Düster, aber genial. Tua produziert neben Maeckes viele Orsons-Beats und ist vor allem auch am Piano ein As. Er hat sich in den letzten Jahren als Songwriter und Beatproduzent qualitativ extrem weiterentwickelt, seine elektronischen Produktionen erreichen internationales Spitzen-Niveau. Ich würd Tua auch zutrauen, ein komplettes DubStep-Album zu produzieren. Ich freue mich auf jeden Fall jedesmal wenn es was Neues von ihm auf Youtube zu hören gibt. Tua hat zwar laut eigener Aussage keinen Bock mehr auf Doubletime-Rap, aber er flowt wie ein Derwisch im positiven Sinne, wenn er mal loslegt. In der Deutschrap-Fanszene kursiert seit einiger Zeit das Gerücht, dass sich Tua von den Orsons trennen würde. Und Tua liebt es mit dieser Annahme zu spielen, zeigt sich in Interviews öfters auffällig distanziert und abgewandt von seinen Band-Kollegen. Musikalisch ist Tua – wie auch alle anderen Orsons – einfach nur Vorreiter für eine neue Art von HipHop. Tua’s „Stille“ und sein Collabo-Album „Evigila“ (mit dem Sänger Vasee von Chimperator) sind äußerst hörenswert und lassen in eine freudige, vielversprechende, ja vielleicht sogar rosa Musik-Zukunft Deutschlands blicken. Tua, bitte verzeih mir die rosa Wortauswahl …Tourkonzert-Review: 03. 03. 13 im HIRSCH (Nürnberg)
Am 3. März hatte ich die große Ehre, die ORSONS erstmalig live zu sehen, und zwar im Nürnberger HIRSCH. Es war ein geiles Konzert, Worte können kaum beschreiben, wie übertrieben abgefahren es war. Ich versuch es dennoch. Das Konzert fand im Rahmen der „Das Chaos und die Orsons“-Tour 2012/2013 anlässlich des Album-Release statt. Die Tour führte durch Städte wie Berlin, München, Köln, Hannover, Wien oder Graz – und eben auch nach Nürnberg. Die ORSONS kamen samt Drummer und Sängerin und verliehen so diesem Rap-Event die Note eines Rock-Konzerts. Die Bühnenpräsenz der 4 Jungs + Band beeindruckte. Sogar der „kleine“ Plan B ist so ‘ne richtige Rampensau, wie Bohlen sagen würde. Die aktuellen Hits ihres Albums „Das Chaos und die Ordnung“ sorgten zu Beginn für die richtige Stimmung. Während es die meisten im Publikum noch gemächlich angingen, schob ich bei den ersten Liedern bereits den Turbo an und sprang auf und ab zu Songs wie „Das Leben ist sch.“ Die Orsons schafften es immer wieder den richtigen Mix zwischen Party-Songs und gefühlvollen, fast an Balladen erinnernde Downtempo-Nummern zu finden. Als Tua am E-Piano „Moment“ live brachte, wurde es ganz still unter den Gästen. Auch „Mars“ und „Lagerhalle“ waren richtig gut gesungen vom Tua. Beeindruckend war die Live-Version von „Zum Mond“, die die Sängerin der Orsons mitreißend interpretierte. Kaas ging mit Indianerfeder am Kopf tierisch gut ab und animierte die Crowd zum Brüllen, gab alles und rappte zum Schluss von der „Wunderschönen Welt“. Maeckes spielte den Santana an der Gitarre und fragte in „Graustufenregenbogen“: „Wo sind all die bunten Farben?“ – und „Rosa Blau oder Grün“ wurde als Antwort gegeben. Auch der Orsons-Hit „Horst und Monika“ fehlte nicht, live kommt das Teil richtig gut. Den Song performten die Orsons beim Bundesvision Song Contest 2012 für das Saarland auf Pro7. Der Titel handelt von der wahren Geschichte des ehemaligen NPD-Mitglieds Horst Strub, der durch eine Geschlechts-OP zur Frau wurde und als Monika Strub für die Partei Die Linke bei den baden-württembergischen Landtagswahlen 2011 antrat. Bei „Lets Banana Holla Dance Woosh!“ sprangen ALLE im Club, das ist live ein richtiges Brett mit seinen deepen, Drum&Bass-artigen Beats. Krass war auch das Extrem-Speed-Medley am Ende des Konzerts, bei dem die Künstler alle zuvor gebrachten Tracks im Schnelldurchlauf präsentierten. Da wurde noch „La la la la“ gebrüllt in der Hook zu „Ode an die Fans“, 1 Sekunde später saß Tua dann wieder am Klavier und sang ganz gechillt: „Wir haben alles gesehen.“ Das Medley war net schlecht, Herr Specht! Nach dem Gig konnten wir Fans noch Autogramme von Maeckes und Plan B ergattern, beides sympathische Jungs. Ich hatte eigentlich geplant Kaas zu einem kurzen Spontan-Interview überreden zu können, wo ich ihm auch Fragen zu spirituellen Themen stellen wollte. Plan B musste meiner Anfrage jedoch eine Absage erteilen: „Das mit dem Interview wird nix, wir haben momentan alle die Grippe. Kaas und Tua schonen sich bereits wieder.“ Dass alle Orsons an diesem Abend grippegeschwächt waren und die Band dennoch so gut rockte, hat meinen vollen Respekt. Very Professionell! Lieber Kaas, die Anfrage zum Interview besteht immer noch. Falls Du das lesen solltest und Interesse hast, melde dich bei uns, s. Kontaktdaten unten. Am Ende des Abends wünschte ich Plan B und den Orsons gute Besserung und verließ dann mit meiner Freundin den HIRSCH gut gelaunt, hatte dabei Orsons-Tunes im Ohr und dachte so bei mir: Die Orsons: Und das Leben ist doch schön! Das FM!Network wünscht allen Menschen ein wunder-schönes O, O, O, Osterfest 2013! Formst DU bereits das O? Bist DU ein ORSONS-Fan? Schreibt uns: kolumne[at]freakmuzik.net oder über Facebook, Soundcloud, Twitter all @ FreakMuzik(.net)!von A. Boos (DiSTrActeD B)
Auf zu den Quellen: http://dieorsons.de// http://www.chimperator.de/chimperator-productions/artists/die_orsons.html/ (Offizielle Web-Auftritte der ORSONS) http://de.wikipedia.org/wiki/Die_Orsons (Die ORSONS @ wikipedia) http://www.laut.de/Die-Orsons/Das-Chaos-Und-Die-Ordnung-%28Album%29 (Album-Rezension zu „Das Chaos und die Ordnung“ @ laut.de) https://www.youtube.com/watch?v=oxeYDmQVZBc (Visa Vie interviewt die ORSONS @ 16bars.de)Entdecke mehr von freakmuzik.net
Subscribe to get the latest posts sent to your email.
1 thought on “Kolumne No. 17 (mar2013)”