Freak’s Gast: Der Tod der Clubs – Auf der Jagd nach den Mördern
Gast-Kolumne zum Thema: Club-Sterben in Deutschland und Europa
Club-Experten sprechen vom massenhaften Sterben der Underground-Clubs: Hierzulande und EU-weit. „Wer noch feiern will wie in den 90ern, muss nach Polen fahren“, so eine Veranstalterin. Ein Club-Chef: „Die Leute gehen anders weg wie früher.“
Servuz, Amigoz! Chillt. Ich weiß, ich weiß. Doch: Chillt, bitte. Viele von Euch warten schon auf eine Vorschau auf die kommende MAYDAY . Doch: Chillt, chillt, meine Freunde. Zieht Euch die Mayday-Tix hier. Und genießt dann Anfang April ganz gechillt unsern Vor-Bericht auf das Dortmunder Techno-Ur-Festival. Ganz easy, mit Karte in da Täsch. Und wie gesagt: Chillt. Is ja noch Zeit. …
In Da Club: Who’s Dat Murder?
Die volle RE-Sendung zum Nachhören:
ab ca. 30 min wird Tacheles gequatscht / ab ca. 2 h 10 min geht es um die frühere Club-Kultur in Berlin und Dresden
Wer und was tötet die Clubs?
In den letzten 20 Jahren hat es ein massives „Clubsterben“ in Deutschland gegeben, erklärte ein Clubbetreiber in der RE-Sendung. Viele Schuppen sind seitdem zugrunde gegangen. „Viele Insolvenzen, viele Umstrukturierungen im Großveranstalter-Bereich“, so der Betreiber. Ebenso hat sich das Verhalten der Partygäste, vor allem bei den Jüngeren, stark verändert. „Zu hohe Eintrittspreise hört man oft: Auch bei 5 bis 12 Euro wie bei uns. Außerdem hat sich das Weggeh-Verhalten komplett gewandelt im Vergleich zu früher.“. Auch für Club-Chefs und Veranstalter gibt es mehr und mehr Stress: „Versicherungen, GEMA-Regularien, neue Verordnungen. Höherer Konkurrenzkampf. Große Event-Agenturen mit riesigen Budgets. Da haben es kleine Clubs schwer. Und mit ihnen die jungen, talentierten Bands.“Investoren schließen Underground-Clubs
„Investoren kaufen die kleinen Clubs in Hamburg auf und machen sie dicht. Einfach, weil die Bock drauf haben“, so der Veranstalter aus Braunschweig in der RE-Sendung.Kommt die Revolution: Bald völlig neue Musik-Stile?
Viele in der Musik-Branche warten auf revolutionäre nächste Schritte in der Musikentwicklung. „Wir könnten kurz vor einer neuen Musik-Revolution stehen“, sagte „Radio Emergency“-Moderator Frank Stoner in der Sendung. „Vor einer Revolution. So wie damals in den 60ern. Wenn ich heute Songs von 2008 und 2018 höre, dann höre ich kaum einen Unterschied. Wenn ich aber Songs zwischen 1958 und 1968 vergleiche, dann ist da ein Riesen-Quantensprung. Das könnte uns bevorstehen: Dass völlig neue Musik-Stile bald entstehen.“ Und das wiederum könnte der sterbenden Club-Szene einen positiven Push geben.Europaweit – England: „Liebe zur Musik ist tot“
Clubs sterben, sind am Ende. Das ist ein Phänomen, das ganz Europa betrifft. So eine Veranstalterin in der Radio-Sendung. „In unseren Nachbarländern, in Österreich und der Schweiz, geht bei den jungen Leuten so gut wie niemand mehr weg. Die Clubs wissen gar nicht mehr, was sie noch anbieten sollen.“ Holland, das „hoch-modern“ ist und wo viel „staatlich gefördert“ wird, habe zwar eine florierende Club-Kultur. Aber Routine hätte sich eingeschlichen. In England dagegen, wo das Konzept „Clubbing“ überhaupt her kommt, sei die Club-Szene „total am Boden. Da bist du als Musiker Performance-Fleisch: Setz Dich, halt’s Maul. Spiel!“ Im Mutterland von Beatles und Aphex Twin „ist in der Underground-Szene die Liebe zur Musik fast völlig verflogen.“„Wie in den 90ern!“: Polen, Italien, Spanien
Wer noch feiern will wie früher, muss wohl in folgende EU-Länder: Polen, Italien, Spanien. „Dort gibt es immer noch einen Hype. Da ist es wohl noch wie bei uns in den 90ern“, so die Club-Expertin. Drei Club-Standorte, die auf einem scheinbar sterbenden Club-Kontinent die Fahne hochhalten …Festival-Strukturen unter Beschuss: „Mehr Konkurrenz“
„Früher gab es bei uns in der Region im gesamten Sommer grade mal 3 Festivals“, erklärte die Club-Expertin. „Alle haben daraufhin gespart. Alle waren da. Weil man sich dort sah und Freunde traf.“ Heute gibt es zwischen Pfingsten und Spätsommer „fast an jedem Wochenende irgendwo MEHRERE (!) Festivals. Ist klar, dass die sich gegenseitig die Kundschaft wegnehmen.“ Auch der Club-Beitreiber meinte: „Ich mache doch im Sommer kein Event bei mir im Club, wenn die Leute draußen auf den Festivals sind.“ Da sei eine ganz neue Konkurrenz zwischen Clubs und Festivals entstanden. Zeit, neue Lösungen zu finden …… Lest unten (smily finger nach unten) den Gast-Beitrag, um mehr über das Club-Sterben zu erfahren. Für Euch. Gefunden und präsentiert vom FM!Network.
FM!Network: Mehr Infos. Über die wirklich wichtigen Dinge der Szene.
„At the end of every week, each one of us becomes a freak!“
„Clubsterben: Vom Tod der Clubs und der Suche nach ihren Mördern“
(27. 02. 2017)
von Robert Es vergeht kein Monat ohne Hiobsbotschaft. Irgendwo meldet ein Club Insolvenz an, eine engagierte Party-Reihe wird nicht mehr fortgesetzt und reihenweise Discothekenbetreiber und Konzertveranstalter schmeißen die Flinte ins Korn. Kein Publikum mehr vor der Bühne, keine Leute auf den Tanzflächen und die Vorräte in den Kühlschränken der Theken stehen kurz vor dem Verfallsdatum. Schwarze Tanztempel schließen ihre Pforten, werden nicht wieder aufgebaut oder wechseln ihre musikalische Ausrichtung, um zahlungswilliges und ausgehwilliges Publikum anzulocken. 2015 war erst vom Sterben der Großraumdiscotheken die Rede, jetzt ist der Begriff „Clubsterben“ auch bei mittleren und kleiner Läden angelangt. Allerorts wird über die möglichen Gründe spekuliert. Betreiber, DJs und Besucher schieben sich gegenseitig die Schuld in die Pikes, ein gemeinsames Feindbild scheint es nicht zu geben. Außer die Anderen, die sind ja eigentlich immer schuld. Spontis begibt sich auf Spurensuche nach den Mördern der Clubs, sammelt Fakten, spricht mit Zeugen und fragt sich: Warum war früher alles besser und ist heute wirklich alles zum scheitern verurteilt?Die Situation ist angespannt
Clubbetreiber sind dünnhäutig geworden. Läuft ein musikalisches Konzept nicht zufriedenstellend, wird es abgesägt, ausgetauscht und ersetzt, mitunter im Wochentakt. Bleiben die Besucher dauerhaft aus und funktionieren selbst radikale Programmwechsel nicht, werden die Läden geschlossen, verkauft oder melden Insolvenz an – in der Hoffnung, dass finanzstarke Investoren den Traum von der eigenen Discothek weiter tragen. Das Durchhaltevermögen alt eingesessener Tanztempel von damals ist Geschichte. Die Voraussetzungen waren natürlich auch andere: die Mieten waren geringer, langfristige Pachtverträge sicherten die Existenz, Bestandsschutz verschonte vor aufwendigen Sanierungskosten durch neue Brandschutzverordnungen. Auch die GEMA griff den Betreibern nicht so tief in die Taschen, wie heute. Das TIC in Duisburg bezahlt beispielsweise mit seiner Fläche von rund 600qm und 2 wöchentlichen Öffnungstagen schätzungsweise 1.200€ im Monat nur für die Musik, die gespielt wird.1 – Zusammen mit gestiegenen Abgaben hinsichtlich Nebenkosten, Lohn- und Versicherungskosten setzt das einen Umsatzstarkes Wochenende voraus. Betreiber „legendärer“ Tempel der 80er entschlossen sich bereits in der Vergangenheit dazu, ihre Geschäfte nicht mehr weiterzuführen: Hein Förster, jahrelang Betreiber des legendäre Clubs LaLic in Köln, sah sich schon 2012 nicht mehr in der Lage, seinen Club wirtschaftlich zu betreiben: „Durch das Nichtraucherschutzgesetz von 2008 verlor ich meinen Kundenstamm der 16- bis 18jährigen Leute. Raucherclub ging erst mit Erwachsenen, nachdem ich die Raucher eine Zeit lang vor das Lokal geschickt habe, was zu Ärgernissen mit der Nachbarschaft führte. Daraus resultierende Ertragseinbrüche konnten nicht entsprechend kompensiert werden. Zu nennen wäre da sicherlich auch ein uneinsichtiger Vermieter. Die Immobilie, in der das LaLic beheimatet war, gehört einem ausländischen Fondsinvestor, der mir zwar eine horrende Miete abverlangte, aber keinerlei Bereitschaft zeigte, Verbesserungen mitzutragen. Sanitäre und lufttechnische Anlagen waren erneuerungsbedürftig und mindestens zweimal im Jahr kam mir das Wasser durch die Decke, weil mal wieder im Haus ein Rohr gebrochen war.“ Auch Norbert Kurz entschloss sich, nach dem Brand seiner Discothek Zwischenfall 2011, keinen neuen Laden zu eröffnen, weil das für ihn nicht zu stemmen gewesen wäre: „Während das alte Zwischenfall ja sozusagen ‚Bestandsschutz’ genoss, wäre es heutzutage ja noch mal eine Herausforderung ganz anderer Art, all die neuen Auflagen der Stadt in Sachen Brandschutz, Schallschutz usw. zu erfüllen. War damals ja eine ganz andere Zeit.“2Musikalischer Einheitsbrei und zwanghafter Ausdifferenzierung
Die DJs, Konzert- und Partyveranstalter, die mangels Publikum oder fehlender Programmtreue der Betreiber mittlerweile eine Form von „Location-Hopping“ betreiben müssen, sehen auch die Besucher in der Verantwortung. Die Ausgeh-Mentalität hat im allgemeinen nachgelassen und die Ansprüche des Publikums werden immer diffuser, ist aus ihren Reihen zu hören. Clubkonzerte kleinerer Bands locken nur noch Liebhaber hervor, die meisten sparen sich den Eintritt und warten auf die anschließend stattfindende Disco. Deren tragfähige Konzepte beschränken sich auf den populären Einheitsbrei der DAC (Deutsche Alternative Charts), totgedudelten Songs aus den 80er und tanzflächenfüllendem Gestampfe aus der Retorte. Alternative Konzepte werden zwar lautstark gefordert, oft aber nicht angenommen, so DJ Klaus Rösler: „Die Idee der „Klapse“ ist eine Mischung aus altem und neuem anzubieten, konsequent Unbekanntes einzubauen und auch das Risiko der leeren Tanzfläche in Kauf zunehmen. Das muss man als DJ aushalten können, denke ich. Das habe ich einigermaßen konsequent durchgezogen, was mir auf der einen Seite oft als zu exotisch, zu unangepasst, zu riskant „vorgeworfen“ wurde, auf der anderen Seite von anspruchsvolleren Gästen deutlich wertgeschätzt wurde. Zu meinem Konzept gehört es ebenso, dass ruhigere Sachen nicht erst um halb 5 laufen, wenn kaum noch einer da ist oder der Rest so müde, dass es für flotteres nicht mehr langt. Ist es heute nicht mehr auszuhalten, wenn die musik für 10-15 minuten mal unter 100 bpm fällt? Warum nicht Tempi genauso wechseln, wie die Musikrichtungen: nämlich regelmäßig? Diese rave-mentalität stört mich seit längerem. Es muss in einem durch stampfen, Egal was.“ Der Besucher scheint genügsam und schweigend oder fordernd und meckernd. Folgt man einzelnen Veranstaltungen in den sozialen Netzwerken, so fällt auf, dass sich viele potentielle Besucher ihre Lieblingstitel im Vorfeld wünschen, darüber meckern, wenn „ihre“ Musik nicht läuft und teilweise wie selbsternannte Genre-Sherrifs über die Einhaltung der angekündigten Konzepte wachen. Eine massive Ausdifferenzierung duldet offenbar keine Genre-Fremde Musik, jeder Besucher will entsprechend seinen Vorlieben bedient werden. Remo Sorge von der Kreuzmühle sieht noch andere Gründe: „Im allgemeinen geht der Trend zu den Festivals, die wie Pilze aus der Erde schießen. Von vielen wird die Kreuzmühle immer noch gerne besucht, weil man aber ständig die weite Anfahrt oder die Buchung eines Hotels auf sich nehmen möchte, konzentriert sich das Interesse auf bestimmte Veranstaltungen, wie zum Beispiel unser Beltanefest. Vielleicht muss sich vieles einfach gesund schrumpfen. Vielleicht ist man am fehlenden Nachwuchs auch selbst schuld. Wie gerne wurde sich über das Cyberphänomen lustig gemacht oder auch die Emos verbal attackiert. Wir haben unsere Szene sauber gehalten und uns selbst damit weggeputzt.“ Für neue Musik braucht man in Zeiten des Internets keinen DJ mehr und auf der anderen Seite ist das Dickicht an schlechter Musik undurchdringlich geworden. Wer ist denn nun schuld an der Misere?Feinbild Facebook?
Die Besucher bleiben aus, darin scheinen sich Betreiber und DJs einig zu sein. Für viele liegt das an den sozialen Netzwerken, die den Discotheken ihre Daseins-Berechtigung als Treffpunkt massiv streitig machen. Allen voran Facebook, auf dem jeder Freund, jede musikalische Empfehlung und jeder Sozialkontakt nur einen Klick entfernt ist. Bilder sorgen für das Sehen und gesehen werden, eingebettete Musik transportiert die neuesten Entdeckungen seiner Freunde und auch Bands buhlen direkt und ungefiltert um die Gunst ihrer Fans. Wofür überhaupt noch in die 25km entfernte Discothek? Warum noch ein Konzert der Band besuchen, wenn man im Profil schlecht gemachte Live-Mitschnitte anklicken kann? Für den Blog marcolatur ist der Fall klar, wie im Artikel „Das Ende des Nachtlebens“ zu lesen ist:…ich präsentiere ihnen den größten Feind des sozialen Lebens: Facebook. Klingonisch, ist aber so. das Böse hat damit einen Namen und niemand hatte es am Schirm. Doch es ist da. Du zweifelst? Nun … ich hoffe mal, du gehörst zu der Generation, die noch vor 2006 gelernt hat wegzugehen. Erinnere dich mal daran, warum dich damals nichts in den eigenen vier Wänden halten konnte. Du kennst das Gefühl noch: Günni war bis vorgestern in Australien, was er da wohl erlebt hat. Lisa hat sich von ihrem Freund getrennt, jetzt muss ich mich mal ranhalten. Hat sich Tom jetzt dieses Bike gekauft? Ob die Kleine von letzter Woche wieder da ist? Bla bla bla … Es gab eine große Motivation: sehen und gesehen werden, sich auf den neuesten Stand bringen, Leute kennen lernen, Freunde treffen – kurz und neudeutsch: socialn. Na? An welche Website erinnert dich das? Facebook – und alles was sie aufkaufen – hat uns diese Motivation genommen.
Konzepte für die Zukunft
Die Szene ist gewachsen, keine Frage. Doch auch das Angebot ist größer geworden, was früher die Kneipe war, wurde in den 90ern zum Club aufgeblasen. Zu Jahrtausendwende explodierte das Netzwerk an Clubs und ertrank am eigenen Konkurrenzkampf. Facebook war dann der Todesstoß in das hämmernde Herz der Clubkultur. Die allgemeingültige Formel für die Lösung aller Probleme gibt es nicht. Leider. Facebook ist nur der Name für die Digitalisierung der Gesellschaft, die unweigerlich und unaufhaltsam stattgefunden hat. Es hilft nicht, über die Gefahren und die schlechten Seiten zu lamentieren. Als es noch keine solchen Netzwerke gab, waren eben Discotheken der Tummelplatz für Eitelkeiten, Informationsbörsen des eigenen Freundeskreises und Orte, an denen man sich einen solchen aufgebaut hat. Und was heute ein gepflegter Shitstorm innerhalb von Stunden bewältigt, konnte das gute alte Gerücht von damals genauso gut, nur ein bisschen langsamer. Früher war das besser, weil es einfach weniger Möglichkeiten gab. Die größte Herausforderung liegt meiner Ansicht nach im Umgang mit dieser Digitalisierung. Sie stellt Betreiber, Veranstalter und auch DJs vor neue Aufgaben. Es reicht einfach nicht mehr am Samstag Abend ein paar gute Stücke aufzulegen oder eine unbekannte Band in die Stadt zu holen. Transparenz und Offenheit sind essentielle Grundlagen für einen längerfristigen Erfolg. Auf die Fragen der Besucher eingehen, Kritik ernst nehmen, sich für Lob dankbar zeigen. Das klingt jetzt furchtbar logisch, wird aber oft vernachlässigt.Zukunfts-Modell: Club-Networking?
Party-Veranstalter und Clubbetreiber sollten sich zu einem Netzwerk vereinigen und aus dem Location-Hopping ein lokale Rotation machen. So ist Party XYZ am ersten Samstag im Monat in Oberhausen, dann in Duisburg, dann in Köln und dann in Wuppertal. Gute Partykonzepte könnte so auch auf die lokalen Bedürfnisse angepasst werden, denn so ist die Hörerschaft rund um Köln meiner Erfahrung nach einer andere, als die, die sich in Essen herumtreibt. Was hier am Beispiel des Ruhrgebiets angeführt wurde, klappt natürlich auch sonstwo. Konkurrenz belebt das Geschäft, kann aber auch schaden, durch das Netzwerk könnte man vielleicht sogar erreichen, das nicht zwei populäre Partys in unmittelbarer Nähe zueinander stattfinden. Das potentielle Publikum teilt sich dann auf und beide Läden schauen in die Röhre. Gerade innerhalb der schwarzen Szene ist genug Potential und Raum vorhanden, dass möglicherweise alle davon profitieren. So jedenfalls mein Gefühl. Und liebe Musikhörer, Kontaktfreudigen und Sinnsuchenden. Ihr glaubt doch nicht ernsthaft, dass Facebook oder das Internet alle diese Dinge befriedigt? Musik, die man von Freunden empfohlen bekommt erstickt doch häufig in Nostalgie und dem eigenen Geschmack, der es wegen dieser Eingeschränktheit verlernt hat über die Tellerrand zu schmecken. Facebook ist nicht Euer Nachrichtenstrom, der Euch in neue Hörwelten entführt, völlig unbekanntes erschließt oder Nostalgie im neuen Licht erstrahlen lässt, sondern nur die Summe aus dem, war ihr sowieso schon kennt. In so einer Discothek bekommt ihr von einer engagierten Party bereits vorgekostetes, ausgesuchtes Material, was Euch sonst vielleicht nie zu Ohren gekommen wäre. Ist es nicht viel spannender zum DJ zu pilgern um zu fragen wie das gespielte Stück heißt, als darum zu betteln das man „seine“ Musik hören kann und dass „seine“ Wünsche erfüllt werden? Ist es nicht viel mutiger und spannender sich von unbekannter Musik auf der Tanzfläche tragen zu lassen, als zu „Hate is just a 4-letter Word“ oder „Assimilate“ die immer gleichen Choreografien abzuspulen? Es ist sowieso viel spannender Menschen von Angesicht zu Angesicht zu begegnen. Das spart Unmengen an Emojis, Missverständnissen und Erklärungen und führt vielleicht tatsächlich zu einer Art Erfüllung. Und wenn ihr mal nicht tanzt, weil ihr wieder mal auf Eurem Handy herumstreicheln wollt, dann hinterlasst doch gleich eine Bewertung der Party oder des Ladens oder gebt wertvolle Hinweise. Dass das gerade gespielte Lied nichts mit der auf dem Flyer angekündigten Dark Wave zu tun hat, ist nur Eurem Schubladendenken geschuldet. Macht doch bei Facebook eine öffentliche „Ausgehgruppe“ auf und schart lokale Freund und Bekannte um Euch, mit denen ihr gemeinsam eine Party besucht. Ihr könnt ja per Live-Stream vom Schminken berichten, Bilder von Eurem Turmbau zu Babel machen oder Party-Tips tauschen und Fahrgemeinschaften bilden. Trefft Euch dann im Laden und seht euch auch mal in Echt, macht Bilder von Euch und postet die wieder in der Gruppe. Es gibt viele Möglichkeiten etwas zu tun, das habe ich selbst am eigenen Leib erfahren dürfen. Wer nur darauf wartet, über etwas zu meckern, wird irgendwann nichts mehr zum meckern haben, weil es nichts mehr gibt. Klaus Rösler findet weniger diplomatische Worte:Wenn nicht hingegangen wird, sterben sie aus. Der Betreiber des Ladens muss verdienen, keine frage. Da hilft es nicht über Eintritts- und Getränkepreise zu lamentieren. Alles ist heute teurer geworden. Wenn ich lese, wieviel Euros für irgendwelche dämlichen Festival-outfits oder Kostüme rausgehauen werden, um weitere hunderte Euros für die ewig gleichen Line-ups zu zu verschleudern, dann stimmt irgendwas nicht.
Wie ist Eure Meinung zum Clubsterben? Wer ist Eurer Ansicht nach der Mörder? Liegt es an uns selber, sind die Preise schuld, liegt es an der Gesetzeslage, die Unübersichtlichkeit der Musiklandschaft oder an der Kommerzialisierung durch den Mainstream? Habt ihr Vorschläge für einen Erhalt der Clublandschaft und Visionen einer besseren Zukunft?
Einzelnachweise
- Quelle: Tarifübersicht 2017 für Discotheken und Clubs der GEMA – https://www.gema.de/fileadmin/user_upload/Musiknutzer/Tarife/Tarife_AD/tarifuebersicht_diskotheken.pdf[↑]
- Quelle: Zwischenfall – Kein Neustart für den Kult-Club – Artikel im Coolibri vom 22.03.2012 – http://www.coolibri.de/redaktion/party/0412/zwischenfall-ende-legende.html[↑]
von A. Boos (DiSTrActeD B)
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Verstört mich ein bisschen. Aber war das nicht immer schon ein Thema. Clubs kommen Clubs gehen. Wenn man sich nicht anpasst oder zumindest den Versuch in Erwägung zieht, sich entwickeln zu wollen, dann bleibt man heutzutage eben auf der Strecke.